Zum Inhalt springen
Startseite » Wir bauen ein Anlehn-Gewächshaus aus alten Fenstern

Wir bauen ein Anlehn-Gewächshaus aus alten Fenstern

Am Anfang war der Gedanke…

Ach, was wäre es doch schön, ein Gewächshaus zu haben. Dieser Gedanke kam mir, als der erste Winter unseren Garten mit einer dicken weißen Schneedecke überzog.

(Alle Bilder lassen sich mit einem Klick vergrößern)

Schnee bedeckt den Gartenboden

Die Beschäftigung im Garten ruhte und die Planung für das nächste Gartenjahr stand bevor. Und damit auch die Lust, Gemüse und Kräuter selber vorzuziehen. Doch die Winter hier im Allgäu sind lang, sehr lang. Es bringt leider nichts, vor Anfang Juni junge Pflanzen in den Garten zu setzen. Häufig schneit und friert es zu dieser Jahreszeit nochmal kräftig, auch wenn es vorher schon Frühlingstage gegeben hat. In dem Frühjahr nach besagtem ersten Winter hatte ich diese Geduld noch nicht. Ich säte und pflanzte, sobald die ersten warmen Tage kamen.

Kohlrabi

Wetterkapriolen

Leider zeigte mir das Wetter dann auch deutlich, was es von meinen Aktionen hielt: Über mehrere Wochen musste ich die Pflanzen mit Kübeln, Eimern, leeren Balkonkästen, Planen, Teppichen und was ich so alles fand, vor Schnee und gefrierender Nässe schützen.

Markierte Stellen mit abgedeckten Pflanzen im verschneiten Permakulturgarten

Was für ein zeitlicher und emotionaler Aufwand. Viele Pflanzen ging trotz der Rettungsmaßnahmen ein. Es tat mir in der Seele weh. Die wenigen „Überlebenden“ waren dann so geschwächt, dass sie – als es endlich warm wurde – den Fressattacken der frisch geschlüpften Schnecken nicht standhalten konnten. Ich schwor mir, diesen Fehler nicht noch mal zu begehen und mich in Geduld zu üben. Meiner Erfahrung nach erholen sich derart gestresste Pflanzen nur schlecht und bleiben ein Leben lang anfällig für Krankheiten und Schädlingsbefall.

In den darauf folgenden 1,5 Jahren dachte ich immer wieder mal an das Gewächshaus, aber die Zeit war nicht reif dafür. Ich hatte ja auch kein Material und überhaupt, wo sollte es auch hin? Der Garten selbst war zu klein, sagten mir jedenfalls meine zahlreichen Ideen, die ich noch hatte. Auf dem Grundstück ging’s auch nicht, schließlich gehört es mir nicht. Also machte sich das Gewächshaus in einem Nebel auf und davon. Zunächst jedenfalls. Denn der Gedanke saß nunmal im Universum und wer sich damit schon mal ein bisschen befasst hat weiß, dass das Universum seinen eigenen Kopf hat 😉

Post vom Universum

Es war in diesem Sommer, als ich Post vom Universum bekam. Besser gesagt, unsere liebe Vermieterin klopfte an und fragte, ob ich Verwendung für alte Fenster hätte. Und wie ich hatte. So kam ich also zu diesen sauschweren alten doppeltverglasten Holzfenstern mit Rahmen, jedes 130x100cm groß. Und einer passenden Balkontür dazu. Es sind Holzfenster, die doppelt verglast sind, jedoch in der Kombination Innenfenster mit Außenfenster. Beide können mittels Drehverschluss voneinander getrennt werden. Sehr praktisch, wie sich bei der Planung heraus stellte.

Die Planung des Gewächshauses

Die Planung des Gewächshauses übernahm Wolfgang. Er ist der Profi von uns beiden, wenn es darum geht, komplizierte Bauideen zu Papier zu bringen. Im Gegensatz zu meinen Projekten, die alle die Eva-typische Handschrift tragen, erstellt er zunächst eine genaue Zeichnung. Das ermöglicht ihm, dumme Denk- und Baufehler möglichst auszuschließen und mit möglichst wenig Material-Verschnitt auszukommen. Er kümmert sich auch um die richtigen Schrauben und Dübel und erstellt eine sichere Statik. Die Funktionalität des Gebauten überdauert garantiert viele Jahre.

Den geeigneten Platz für das Gewächshaus finden

Da wir keinen geeigneten Platz für ein großes Gewächshaus gefunden haben, entschieden wir uns dafür, zwei Anlehn-Gewächshäuser zu bauen. „Anlehn“ bedeutet, dass sie an eine vorhandene Wand angebaut werden. Das ermöglicht uns, bisher ungenutzten Raum sinnvoll zu gestalten und gleichzeitig mit der verfügbaren Anzahl Fenster auszukommen. Problematisch war zunächst das vorhandene Schuppendach, sein Winkel und seine unterschiedliche, zum Teil sehr niedrige Höhe (wir wollten auf keinen Fall das Dachniveau des Schuppens überschreiten). Hinzu kam, dass der Boden nach vorne hin bis zu 20 cm abfällt und sehr nachlässig (uneben) betoniert wurde.

Die Planung dauerte dann auch recht lange. Es vergingen Wochen. Mehrmals haben wir die Pläne erneuert und auch mal wieder Abstand vom Bauvorhaben genommen, weil weitere unvorhersehbare Probleme auftauchten. So ließ sich ein Teil der Fenster wegen defekter bzw. ausgerissener Schaniere erst gar nicht öffnen. Doch letztendlich stehen sie jetzt, angebaut an den Schuppen.

Das Material

Für die beiden Dächer verwendete Wolfgang transparente Wellbahn aus Polyester nebst den dazugehörigen Spenglerschrauben. Alle anderen offenen Stellen verkleidete er mit dünnen Platten des selben Materials. Sägerrauhe Kanthölzer ergaben die Rahmenkonstruktion und für die Dachunterlage nahm Wolfgang normale Dachlatten.

Die Größe der Anlehn-Gewächshäuser

Die Innenmaße der Gewächshäuser: 220cm breit, 90cm tief und je nach Dachschräge zwischen 180 und 230cm hoch.

Die Besonderheit der beiden Anlehn-Gewächshäuser: Sie werden nicht beheizt und ich bewirtschafte sie durch die Fenster. Wir fensterln also, wie der Bayer sagt. Bei einer Tiefe von nur 90 cm kein Problem. So kann ich den kompletten Raum für die Pflanzen nutzen und brauche keinen Platz für einen Gang mit einzubeziehen. Auch die Luft im Innenraum erwärmt sich schneller, was besonders im Herbst, Winter und Frühjahr von Vorteil ist. Im Sommer lassen sich die Fenster kippen, ganz öffnen und sogar herausnehmen. Die Tomaten, Paprika und sonnenhungrigen Kräuter vom Balkon sind bereits eingezogen. So können wir die Erntezeit schon in diesem Herbst ein bisschen verlängern. Nach den letzten Nächten mit um die 3 Grad wären sie wohl schon hinüber gewesen.

Hier folgt die Fotoserie vom Bau. Mit Klick auf ein Bild kommst Du zur Galerie.

Update 16. Juni 2021 – Der diesjährige Besatz

Die erste Aktion in diesem Jahr war das Vorziehen von Tomaten und Paprika. Erst im Haus, später siedelten sie mit anderen vorgezogenen Pflanzen in die Anlehngewächshäuser um. Während Brokkoli und Lauch in den Garten gepflanzt sind und die Gurken von Schnecken heimgesucht wurden, haben die Tomaten und Paprika jetzt ihren endgültigen Standplatz bekommen. Noch in jedes Haus eine Basilikumpflanze gegen Schädlinge und nun heißt es regelmäßig gießen und einfach abwarten. Seit 1 Woche sind die vorderen Fenster ausgehängt und haben damit für einen Wachstumsschub gesorgt. Tomaten brauchen einfach frische Luft und auch die Insekten haben so später besseren Zugang zu den Blüten.

Update 02. September 2021 – Der Unterschied

Der diesjährige Sommer ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Juli und August, die Hauptsaison der Tomaten, waren verregnet und zu kühl für die Jahreszeit. Die Schnecken sorgten im Garten für eine diesjährige Null-Ernte. Auch die herangezogenen Paprikapflanzen fielen den Schleimern zum Opfer. Lediglich Kartoffeln konnten wir ernten – trotz Schneckenfraß und Krautfäule. Obwohl das Wachstum der Tomaten witterungsbedingt stockte, blieben sie uns dank der Anlehngewächshäuser erhalten. Mitte August begannen die Tomaten dann doch Blüten zu bilden und innerhalb von 2 Wochen entstanden Unmengen kleiner grüner Früchte. Heute konnten wir die ersten beiden reifen Tomaten naschen. Ich vermute mal, dass es nicht die letzen sein werden 😉

Bemerkenswert ist der Unterschied der Tomatenpflanzen. Es zeigt, wie wichtig es ist, das Tomaten viel nahrhafte Erde bekommen, wenn man gut gewachsene, kräftige Pflanzen mit einer sattgrünen Farbe haben möchte. Alle Pflanzen haben exakt das gleiche Mischungsverhältnis von Gartenerde, Pferdemist und Kompost bekommen (Mischungsverhältnis 3:2:1). 2x gab es Mistjauche und 1x Effektive Mikroorganismen, jeweils ins Gießwasser. Die Fenster hatten wir Ende Juni komplett ausgehängt.

Links im Bild stehen die Pflanzen in Kübeln von 30-50 Litern, rechts im Bild dagegen – die Pflanzen wirken gestresst – nur in 8-10 Litern Eimern. Im nächsten Jahr werde ich ausschließlich große Pflanzbehälter verwenden.

Für kleine und große Gärten: Gewächshäuser


6 Gedanken zu „Wir bauen ein Anlehn-Gewächshaus aus alten Fenstern“

  1. Hi Eva, Hi Wolfgang, ich bin begeistert. Das Prinzip, man nehme was man hat und mache was man kann, entspricht auch meiner Denkweise. Kostensparend und ressourcenschonend. Die Fotoserie inspiriert mich. Hab auch noch alte Isofenster mit Rahmen rumstehen. Mal schauen wo Platz ist. Danke fürs Mitteilen. Liebe Grüsse von Sabine

  2. Hallo Eva-Maria,
    ein inspirierender Beitrag. Kannst du mir sagen, was euer Anlehner Haus ungefähr an Materialien gekostet hat? Viele Grüße Katja

  3. Die habt ihr echt toll gemacht und das ist eine tolle Inspiration und ein Mutmacher für mich!
    Vielen Dank für die Dokumentation!
    Nadine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert